Niedrigere Blutsauerstoffwerte während des Schlafes
Schlafapnoe
Verfasst von Christina Hohmann
Nächtliche Atemunterbrechungen, ein Symptom der Schlafapnoe, führen nicht nur zu starker Tagesmüdigkeit, sondern erhöhen auch die Gefahr für kardiovaskuläre Probleme wie erhöhten Blutdruck und Schlaganfall. Personen, die davon betroffen sind, können in der Apotheke mittels eines telemedizinischen Screenings auf Apnoe identifiziert werden.
Der Schlaf stellt eine der essenziellen Grundlagen für unsere Gesundheit dar. Jegliche Störung des Schlafs hat weitreichende negative Auswirkungen. Im Falle des Schlafapnoe-Syndroms resultieren Atemaussetzer während des Schlafs in einer unzureichenden Sauerstoffversorgung und wiederholten Erweckungsreaktionen, die das Ersticken verhindern sollen. „Diese Aufwachphasen beeinträchtigen die Schlafstruktur erheblich und verhindern den tiefen Schlaf", erläuterte Nikolaus Böhning, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für medizinische Fachinformation Patientenaufklärung und Diagnostik (iDOC), auf einem Seminar während der Expopharm in München. Infolgedessen können Betroffene sich nachts nicht regenerieren und sind tagsüber erschöpft, unkonzentriert und reizbar. Ungefähr zwölf Prozent aller tödlichen Verkehrsunfälle sind auf diese Schlafstörung zurückzuführen, berichtete der Referent.
Zwischen zwei und vier Prozent der Bevölkerung im mittleren Lebensalter leiden unter einer behandlungsbedürftigen Schlafapnoe. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin schätzt die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf achthunderttausend. Insbesondere Männer im mittleren Alter, die übergewichtig sind und zwischen dreißig und sechzig Jahre alt sind, sind häufig betroffen. Auch Frauen nach der Menopause können erkranken, wie Böhning ausführte. Die am weitesten verbreitete Form dieser Schlafstörung ist die obstruktive Apnoe, bei der die Muskulatur im Rachenbereich erschlafft und dadurch die oberen Atemwege verengt. Sehr viel seltener tritt die zentrale Apnoe auf, welche durch Schäden im zentralen Nervensystem die Regulation der Atmung beeinträchtigt, sowie Mischformen dieser beiden Arten.
Zusätzlich zum Übergewicht sind auch eine anatomische Veranlagung des Rachenraums oder ein vorausgegangener Schlaganfall ursächlich für diese Störung. „Sechzig Prozent der Schlaganfallpatienten entwickeln im Anschluss eine Schlafapnoe", bemerkte Böhning.
Stress und Sauerstoffmangel
„Abhängig vom individuellen Patienten können die Atemaussetzer eine Dauer von bis zu zwei Minuten erreichen oder sich bei anderen Patienten bis zu zweihundert Mal pro Stunde ereignen", erklärte der Vortragende. Da die Aufwachphasen oft unbemerkt bleiben, sind sich viele Betroffene ihrer Krankheit nicht bewusst. Die Mehrheit der Leidenden ist laut Böhning nicht diagnostiziert. Dies ist äußerst bedenklich, da die nächtlichen Atemaussetzer zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen können. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt während des Schlafs ab; in schweren Fällen liegt die Sättigung bei lediglich etwa siebzig Prozent. „Eine Sauerstoffsättigung unter achtzig Prozent erfordert im Krankenhaus eine Notfallbeatmung", veranschaulichte Böhning.
Durch die unzureichende Sauerstoffversorgung ist die Versorgung von Gehirn und Herz nicht mehr gewährleistet. Dies verursacht erheblichen Stress, der den Blutdruck ansteigen lässt, während das Herz versucht, den Mangel durch eine gesteigerte Pumpleistung auszugleichen. Langfristig kann dies zu chronischem Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz führen. Das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle istConsequently erhöht. Einer Untersuchung zufolge sind sechzigfünf Prozent der Personen, die an einem plötzlichen Herztod versterben, an Schlafapnoe erkrankt, so Böhning.
Diese Erkrankung erschwert zudem die medikamentöse Behandlung von bestehendem Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Weitere mögliche Auswirkungen sind erhöhte Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Schwierigkeiten bei der Konzentration, depressive Verstimmungen oder Impotenz.
Erkennen von Frühwarnzeichen
Eine Schlafapnoe ist oft schwer zu diagnostizieren, da die kritischen Erweckungsreaktionen unauffällig verlaufen. Zu den frühen Anzeichen einer Störung zählen starkes, unregelmäßiges Schnarchen, übermäßige Müdigkeit, das Einschlafen während der Arbeit sowie ein erhöhter Blutdruck. Personen, die eine Schlafstörung bei sich vermuten, sollten zuerst ihren Lebenspartner nach diesen Indikatoren befragen. Bestätigt dieser den Verdacht, ist es ratsam, einen Arzt zu konsultieren. Der Arzt kann dann gegebenenfalls eine Überweisung in ein Schlaflabor veranlassen.
Ein erstmaliges Screening auf Schlafapnoe kann nun auch in der Apotheke erfolgen. Das Potsdamer Institut für medizinische Fachinformation, Patientenaufklärung und Diagnostik (www.idoc.de) hat in Kooperation mit der Berliner Charité ein telemedizinisches Diagnosesystem entwickelt, das nächtliche Atemaussetzer detektiert. Ein am Handgelenk getragenes Pulsoximeter erfasst und speichert die Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz. Dieses Gerät können Patienten, die eine Schlafapnoe vermuten, beim Apotheker ausleihen, es zu Hause während der Nacht selbst aktivieren und am darauffolgenden Tag zurückgeben. In der Apotheke werden die gesammelten Daten mithilfe einer speziellen Software ausgelesen und zur Begutachtung an ein Schlaflabor übermittelt. Dort wird nach wenigen Tagen ein Befund erstellt, den der Apotheker gemeinsam mit dem Patienten erörtert. Bei festgestellten Auffälligkeiten sollte der Betroffene einen Arzt aufsuchen und zur weiteren Diagnostik in ein Schlaflabor überwiesen werden.
Bei einer ersten Pilotstudie mit diesem Instrument in deutschen Apotheken erwies sich das Screening als außerordentlich erfolgreich: Fast die Hälfte der untersuchten Personen wies tatsächlich pathologische Befunde auf, wobei ein Viertel davon sogar schwere Ausprägungen zeigte.
Eine diagnostizierte Schlafapnoe lässt sich erfolgreich behandeln. Bei leichten Fällen genügen oft eine Gewichtsreduktion, regelmäßige körperliche Aktivität und eine Kräftigung der Rachenmuskulatur, um die Atemaussetzer in den Griff zu bekommen. Schwere Krankheitsverläufe können mittels spezieller Atemtherapiegeräte behandelt werden. Diese sogenannten CPAP-Geräte (continuous positive airway pressure) verfügen über ein Gebläse, das mit einer Atemmaske verbunden ist, welche der Patient zum Schlafen über das Gesicht stülpt. Während der Nacht erzeugt das Gerät einen leichten Überdruck in den Atemwegen, wodurch diese offen gehalten werden. Nach einer kurzen Phase der Gewöhnung verbessert sich der Schlaf unter einer CPAP-Therapie in der Regel signifikant. Die nächtlichen Stresssituationen nehmen ab, und der Schlaf wird wieder erholsam.