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Erfolgreiche Konzeption nach Myom-Exstirpation

Klinikum Nordwest / Krankenhaus zum Heiligen Geist

Prof. Dr. med. Jörg B. Engel

Leitender Arzt der Fachabteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe im Klinikum Nordwest sowie am Krankenhaus zum Heiligen Geist

Die Effektivität einer operativen Behandlungsstrategie von Uterusmyomen bei Sterilität wurde kürzlich durch eine aktuelle Metaanalyse der Cochrane Collaboration Group3 evaluiert. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Publikation wurden insgesamt zweihundertsechsundsechzig Studien hinsichtlich ihrer methodischen Güte geprüft. Bloß drei davon wiesen gemäß den strengen Kriterien der Cochrane Collaboration Group eine ausreichende Qualität auf, um in diese zusammenfassende Analyse integriert zu werden. Diese drei relevanten Veröffentlichungen werden im Folgenden detaillierter erörtert. Eine der Untersuchungen widmet sich der Auswirkung einer operativen Entfernung von Myomen auf die Fruchtbarkeit, unter Berücksichtigung der exakten Lage des Myoms. Zwei weitere Studien stellen laparoskopische und offene Myom-Exstirpationen gegenüber, insbesondere hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und potenzieller unerwünschter Begleiterscheinungen.

Bei der von Casini et al. durchgeführten Arbeit handelt es sich um eine kontrollierte prospektive Untersuchung, die unternommen wurde, um zu klären, ob die Position der Myome innerhalb des Uterus (ob submukös, intramural, subserös, submukös/intramural oder subserös/intramural) eine Auswirkung auf die weibliche Reproduktionsfunktion besitzt und ob die Exzision dieser Myome die Schwangerschafts- und Fehlgeburtenrate beeinflusst. Für diese Studie wurden einhundertachtzig Patientinnen mit Uterus myomatosus, die seit einem Jahr unter ungewollter Kinderlosigkeit litten, rekrutiert. Die forschenden Mediziner stellten eine statistisch signifikante Verbesserung der Konzeptionshäufigkeit durch die chirurgische Myomentfernung in der Gruppe der Patientinnen mit submukösen Uterusmyomen sowie in der Kohorte mit submukös/intramuralen Uterusmyomen fest. In den übrigen Patientengruppen zeigte sich dieser Effekt statistisch nicht als relevant.

Zwei randomisierte Untersuchungen vergleichen offene mit laparoskopischen Myomenukleationen bei Patientinnen mit bestehendem Kinderwunsch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und den aufgetretenen Komplikationen. Die erste Publikation von Seracchioli et al. ist eine randomisierte Einzelzentrumsstudie, welche einhunderteinunddreißig Patientinnen mit mindestens einem über fünf Zentimeter durchmessenden Myom umfasste. Die Teilnehmerinnen wurden zufällig der Gruppe für eine offene oder laparoskopische Myomenukleation zugewiesen. Beide Studiengruppen erwiesen sich als homogen bezüglich der Anzahl, des Umfangs und der Position der größeren Myome. Bemerkenswerte Differenzen zeigten sich allerdings in Bezug auf die postoperativen Morbiditäten. Innerhalb der Laparotomie-Gruppe wurde häufiger Fieber über achtunddreißig Grad Celsius registriert und ebenfalls ein höherer intraoperativer Blutverlust. Des Weiteren war die Hospitalisierungsdauer der per Laparotomie therapierten Patientinnen merklich verlängert. Demgegenüber waren sowohl die Häufigkeit der Schwangerschaften (fünfundfünfzig Komma neun Prozent nach Laparotomie versus dreiundfünfzig Komma sechs Prozent nach Laparoskopie) als auch die Abortrate (einundzwanzig Prozent versus zwanzig Prozent), die Frühgeburtenrate (sieben Komma vier Prozent gegenüber fünf Prozent) und die Entbindungsart (Kaiserschnitt siebenundsiebzig Komma acht Prozent versus fünfundsiebzig Prozent) in beiden Gruppen vergleichbar. Im Verlauf dieser Untersuchung kam es in keiner der Kohorten zu einem Uterusruptur während der Gestation oder bei der Geburt.

In der zweiten, multizentrischen, randomisierten und kontrollierten Studie von Palomba et al. wurden einhundertsechsunddreißig Patientinnen mit Sterilität und Uterus myomatosus evaluiert. Innerhalb dieser Untersuchung waren die kumulative Schwangerschaftsrate, die Rate der Lebendgeburten und die Fehlgeburtenhäufigkeit in den offen und laparoskopisch behandelten Patientenkohorten gleich. Jedoch war die Zeit bis zum Eintritt der ersten Schwangerschaft beziehungsweise der ersten Lebendgeburt in der per Laparoskopie therapierten Gruppe signifikant verkürzt. Folglich sind beide Operationsmethoden bezüglich ihrer Wirksamkeit ebenbürtig, wobei das laparoskopische Vorgehen für die Patientin schonender zu sein scheint.

Potenzielle Ursachen der Fertilitätsminderung durch Myome

  1. Verformung des Gebärmutterinnenraums
     
  2. Verlegung der proximalen Eileiterabschnitte
     
  3. Verschobene topographische Beziehung zwischen Eileiter und Eierstock
     
  4. Beeinträchtigte Kontraktionsfähigkeit von Gebärmutter und Eileiter
     
  5. Reduzierte Versorgung des Endometriums (Gebärmutterschleimhaut)
     
  6. Entzündliche Reaktion der Gebärmutterschleimhaut

Zwischen fünfunddreißig und siebenundsiebzig Prozent der weiblichen Bevölkerung im gebärfähigen Lebensabschnitt können von Uterusmyomen betroffen sein.

Myome im Kontext der assistierten Reproduktion

Eine im Jahr 7 von Bulletti und Kollegen publizierte Untersuchung verglich vierundachtzig Frauen mit intramuralen Myomen, welche einen Durchmesser von über fünf Zentimetern aufwiesen und sich vor einer In-vitro-Fertilisations-Behandlung einem chirurgischen Eingriff unterzogen, mit einer gleich großen Kohorte von vierundachtzig Frauen, die keine operative Therapie ihrer Uterusmyome erhielten. Innerhalb der Gruppe der operierten Patientinnen belief sich die Häufigkeit der Schwangerschaften auf dreiunddreißig Prozent und die Rate lebend geborener Kinder auf fünfundzwanzig Prozent, wohingegen diese Werte respektive fünfzehn und zwölf Prozent in der Patientengruppe ohne chirurgische Intervention betrugen. Diese Studie legt nahe, dass auch vor einer geplanten IVF-Behandlung intramurale Myome, die fünf Zentimeter überschreiten, exstirpiert werden sollten.

Myome während der Gestation

Uterusmyome manifestieren sich in der Schwangerschaft mit einer Häufigkeit von null Komma eins Prozent bis zu zehn Komma sieben Prozent. Im Verlauf der Gestation können Myome, insbesondere in den ersten beiden Trimestern, rasch an Größe zunehmen und aufgrund dieses Volumenzuwachses Beschwerden hervorrufen. Demgegenüber ist eine postpartale Reduktion des Myomumfangs um mehr als fünfzig Prozent in rund zweiundsiebzig Prozent der Fälle dokumentiert. Komplikationen ergeben sich in zehn bis vierzig Prozent der Schwangerschaften. Myome können das Risiko für spontane Aborte, frühzeitige Uteruskontraktionen, abnorme kindliche Lagen sowie für Blutungen nach der Entbindung steigern. In Ausnahmefällen können sich während der Schwangerschaft auch hochgradig schmerzhafte Myomnekrosen ereignen oder auch kompressionsbedingte fetale Gliedmaßenfehlbildungen. Die Gefahr myomassoziierter Komplikationen während der Gestation nimmt zu, sofern Myome drei Zentimeter überschreiten. Es ist jedoch auch allgemein anerkannt, dass Patientinnen, die Myome von über zehn Zentimetern aufweisen, in siebzig Prozent der Situationen auf natürlichem Wege gebären können. Myome sind des Weiteren mit abnormen Fetenlagen assoziiert. Demgemäß beträgt das Chancenverhältnis für eine Steißlage bei Frauen mit Gebärmuttermyomen drei Komma achtundneunzig. Verschiedene Untersuchungen zeigten ein mit Myomen verbundenes Risiko für eine frühzeitige Kontraktionstätigkeit auf. Demgegenüber offenbarte eine Metaanalyse von Olive und Pritts12, dass es im Vergleich zu Kontrollgruppen bei Myompatientinnen nicht häufiger zu Frühgeburten kam.

Die Wahl des Entbindungsmodus nach Myomenukleation

In zahlreichen deutschen Frauenkliniken hat sich als „good clinical practice' etabliert, nach einer Myomenukleation ohne Eröffnung des Uteruscavums sowie nach einer hysteroskopischen Myomentfernung einen Spontanpartus anzustreben. Sollte es im Rahmen des Eingriffs zur Eröffnung der Gebärmutterhöhle kommen, wird gemeinhin praktiziert, eine primäre Sectio am wehenlosen Uterus vorzunehmen. Dieses Vorgehen ist allerdings nicht durch wissenschaftliche Belege untermauert. Angesichts einer insgesamt mangelhaften Informationsbasis ist festzuhalten, dass nach einer hysteroskopischen Myomenukleation zumeist ein vaginaler Entbindungsversuch angestrebt werden kann. Nach der Myomenukleation per Laparoskopie oder per Laparotomie erscheint das Uterusruptur-Risiko insgesamt geringer zu sein, als bisher angenommen. Nichtsdestotrotz ist bei jeder Myomenukleation vom Operierenden nach eingehender Bewertung der Befunde eine Empfehlung bezüglich der präferierten Entbindungsart in der Operationsdokumentation zu vermerken.

Spezialisierte Myomzentren

Zur Vereinheitlichung und Optimierung der Therapie von Myompatientinnen wurden an einigen Krankenhäusern spezialisierte Myomzentren etabliert. Dort kooperieren Reproduktionsmediziner, Radiologen und gynäkologische Chirurgen mit ausgewiesener Kompetenz in der Laparoskopie intensiv, mit dem Ziel, für jede Patientin ein individuell bestes Therapiekonzept zu erarbeiten. Das Myomzentrum ist an beiden gynäkologischen Fachbereichen, sowohl am Hospital zum Heiligen Geist als auch am Krankenhaus Nordwest, fest verankert. Dort wird das gesamte Spektrum der Myomtherapie bereitgestellt, unter Nutzung von zwei umfassend ausgestatteten, minimalinvasiv operierenden Einheiten, zwei ambulanten Spezialsprechstunden für Myome, einem Zentrum für Reproduktionsmedizin (Hospital zum Heiligen Geist) und einer Abteilung für Interventionelle Radiologie (Krankenhaus Nordwest).


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