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Alles über sissi

Die geheimen Hobbys der Kaiserin Sisi und ihrer Zeitgenossen

Zahlreiche Spielfilme, Theaterstücke, Musicals und Ausstellungen erzählen von Kaiserin Elisabeth von Österreich, besser bekannt als Sisi. Vieles ist über ihre Kindheit in Bayern, ihre Ehe mit Kaiser Franz Joseph I., ihre tragische Familiengeschichte und das tödliche Attentat im Alter von 60 Jahren bekannt.

Weniger bekannt ist Sisi's Leidenschaft für Reisen und Andenken. Auf einer Schiffsreise ließ sie sich ein Anker-Tattoo auf die Schulter stechen - zum Missfallen ihres Gatten. Darüber hinaus bevorzugte sie aufwendige Schönheitsroutinen und anspruchsvolle, gefährliche Bergtouren.

Aber auch andere Mitglieder der Habsburger-Dynastie pflegten im Verborgenen kontroverse und überraschende Hobbys - vom Glücksspiel über Zigarren und Frauen bis hin zur heimlichen Journalismusarbeit gegen das Kaiserhaus selbst.

„Wer eine Leidenschaft ausleben wollte, musste bei den Habsburgern die strengen Familiengesetze geschickt umgehen oder viel Charme zeigen', erklärt die österreichische Historikerin Katrin Unterreiner, die seit über drei Jahrzehnten die Habsburger-Dynastie erforscht. Sie ist Autorin von Sisi & Co. Die geheimen Leidenschaften der Habsburger und Kuratorin der gleichnamigen Ausstellung, die noch bis zum 3. November 2024 auf Schloss Halbturn südöstlich von Wien zu sehen ist.

Denn das Leben im Kaiserhaus war durch Familiengesetze geprägt, die individuelle Entfaltung unterdrückten und feste Rollen zuwiesen. Der Thronfolger konzentrierte sich hauptsächlich auf seine zukünftige Rolle als Kaiser und absolvierte als Kronprinz eine militärische Ausbildung - meist nur theoretisch, kaum in der Praxis. Frauen waren vorwiegend auf die Rolle als Ehefrau und Mutter beschränkt, um die Dynastie fortzuführen. „Alle anderen hatten lediglich die Aufgabe, das Habsburger-Haus nach außen hin zu repräsentieren und vor allem nicht durch einen extravaganten Lebensstil hervorzustechen', bemerkt Unterreiner.

Die Familienmitglieder des Hauses Habsburg hatten daher wenig Handlungsspielraum für ihre eigene Lebensgestaltung. Bildung, Hobbys, Berufe waren ihnen verboten. Viele fühlten sich in ihrem komfortablen, aber sinnentleerten Dasein wohl. Andere fanden diese Einschränkungen hingegen schwer zu akzeptieren. Kaiserin Maria Theresia, Kaiser Franz Joseph I. oder Kronprinz Rudolf lebten ihre geheimen Interessen im Schatten der Monarchie aus.

Maria Theresia (1717-1780), eine herausragende Habsburgerin, modernisierte das Land durch weitreichende Reformen. Doch sie folgte heimlich einer teuren Leidenschaft: dem Glücksspiel. Jeden Abend oder nach dem Mittagessen spielte sie mit geladenen Gästen das in der Aristokratie beliebte französische Kartenspiel „Pharao'.

Bald wurde die Kaiserin nicht nur für ihr Glück im Spiel, sondern auch für ihre Spielleidenschaft gefürchtet. Viele Mitspieler verloren hohe Summen an Maria Theresia, was es erschwerte, genug Spieler für eine Partie zu finden. „Die Spieler der Kaiserin versuchten, den ‚Pharao‘-Partien unter verschiedenen Vorwänden zu entgehen', schreibt Unterreiner in ihrem Buch.

Die Bevölkerung war von dem Spiel bald ebenfalls fasziniert und die „Pharao-Exzesse' - so bezeichnete der damalige Obersthofmeister Khevenhüller die erregten Partien - nahmen zu. Um die Gesellschaft im Kriegszustand zu schützen, wurde das Spiel verboten. 1758 musste die Kaiserin ihr geliebtes „Pharao' auf Drängen ihrer Berater einstellen. Sie fand eine Alternative: Ein Jahr lang spielte man am Hof das Kartenspiel „Lansquenet', bevor man schnell wieder zum „Pharao' zurückkehrte.

Der pflichtbewusste Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916) besaß eine gesundheitsschädliche Leidenschaft: das tägliche Rauchen. Lange rauchte er billige, starke Zigarren, später wechselte er auf leichteren Tabak, auf Anraten seiner Ärzte.

Sein starker Tabakkonsum verursachte einen chronischen Husten, den er mit dem Opiat Codein zu behandeln versuchte. Dieses Leiden begleitete ihn bis zu seinem Tod.

Kaiserin Elisabeth (1837-1898), alias Sisi, war für ihren exzentrischen Lebensstil bekannt. Ihr Schönheitserhalt, ihr Markenzeichen, war ihr zeitintensivstes Hobby. Sie ließ spezielle Cremes und Pflegeprodukte anfertigen, darunter die erste bekannte Sonnencreme (mit Zink und Talkum). Diese Creme schützte die Haut vor der Sonne und wurde auch als Make-up verwendet. In der Ausstellung auf Schloss Halbturn kann man sie sogar ausprobieren.

Sisi nutzte die Creme bei ihren teilweise mehrstündigen Bergtouren. Ihre Energie und Bewegungslust war beeindruckend. Sie benötigte immer wieder neue Begleiter. Selbst ein eigenes Turnzimmer ließ sie sich im Schloss einrichten und führte dort täglich Sport. Ihr Streben nach einem bestimmten Gewicht war schon zwanghaft: „Elisabeth wog sich täglich und trug ihre sportliche Aktivität in ein ‚Wage-Journal‘ ein', so Unterreiner.

Dieses Tagebuch und die Kassenbücher der Kaiserin wurden erst vor Kurzem freigegeben und analysiert. Sind nun alle Geheimnisse gelüftet? Unterreiner bezweifelt das, da immer wieder neue Quellen auftauchen und noch nicht alle Archivdokumente ausgewertet sind. „Sicherlich werden weitere Geheimnisse der Habsburger ans Licht kommen.'

Zu den spannendsten Habsburgern zählt Kronprinz Rudolf (1858-1889), Sohn von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph I. Sisi setzte sich dafür ein, dass Rudolf neben seiner militärischen Ausbildung eine wissenschaftliche Ausbildung erhielt. Das führte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Monarchie und einer progressiven, liberalen Politik.

Kaiser Franz Joseph wusste um die politischen Ansichten seines Sohnes und ließ ihn von wichtigen Entscheidungen des Wiener Hofes fernhalten. Obwohl Rudolf einer der schärfsten Kritiker des Hofes war, war er seinem Vater trotz unterschiedlicher politischer Überzeugungen sehr loyal. Er begann, heimlich kritische Aufsätze und Artikel an liberale Journalisten und Verleger zu schicken, um sie anonym veröffentlichen zu lassen.

Da Rudolf unter Beobachtung stand, verschlüsselte er seine Korrespondenz und Texte mit einem Chiffriergerät. Die dazugehörige Einrichtung, eine Ledermappe mit einer Messingscheibe und verschiedene Zettel mit Zahlen, ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Die Chiffrierungsmethode wurde erst vor Kurzem entschlüsselt.

Mit seinem heimlichen Journalismus wollte Rudolf die Probleme der Monarchie offenlegen und die politische Situation verändern. Doch selbst ein Kronprinz Rudolf hätte wohl kaum etwas gegen den aufkeimenden Nationalismus und den Untergang der Monarchie ausrichten können. Rudolf starb 1889 zusammen mit seiner Geliebten durch Selbstmord.

Ein bekanntes und skandalträchtiges Mitglied der Habsburger war Erzherzog Otto (1865-1906), auch „der schöne Erzherzog' genannt. Während andere sich mit Politik, Kunst oder Technik beschäftigten, investierte der lebenslustige Otto seine finanziellen Mittel lieber in Alkohol, Partys und Affären.

Zwangsverheiratet mit der frommen Maria Josefa, lebte der Erzherzog offen mit weiteren Frauen zusammen und hatte vier außereheliche Kinder. Sein bekanntester Skandal war ein nächtliches Trinkgelage im Hotel Sacher, nach dem er nackt mit einem Säbel durch die Séparés lief. Sein Onkel, Kaiser Franz Joseph I., verhängte dafür einen zweimonatigen Arrest in einem oberösterreichischen Kloster. Otto verbrachte die Zeit vermutlich nicht unglücklich, denn er half gerne beim Leeren des Weinkellers.

Wenige wissen, dass sich der Frauenheld zeitlebens missverstanden fühlte und unter wiederkehrenden Depressionen und Selbstzweifeln litt, die er mit Alkohol und Fröhlichkeit zu bekämpfen versuchte. Er sagte seiner letzten Geliebten, dass er studieren wollte und mehr zu leisten imstande war, als ihm zugetraut wurde. Unterreiner: „Die Habsburger hätten theoretisch aus dem Kaiserhaus ausbrechen und ein bürgerliches Leben führen können. Doch wer das probierte, scheiterte. Ihr Luxusleben war so selbstverständlich, dass sie sich ein normales Leben nicht vorstellen konnten.' Daher kann Otto zwar nicht nur auf seine Exzesse reduziert werden, aber es ist fraglich, ob er im „normalen' Leben erfolgreich gewesen wäre.

Weniger bekannt als andere Habsburger ist Erzherzogin Margaretha (1881-1965), Tochter des ehemaligen Großherzogs Ferdinand IV. von Toskana. Trotzdem war sie „eine der spannendsten, außergewöhnlichsten und mutigsten Frauen der ganzen Familie', sagt Unterreiner. Sie war ungewöhnlich für eine Adelige ihrer Zeit - eine Abenteurerin, die Autos, Ballonfahrten und Fotografie liebte. „Ihre Leidenschaften konnte sie nur ausleben, da sie keine Kinder hatte und unverheiratet blieb', erklärt Unterreiner. Andernfalls wäre ihr Schicksal als Mutter vorbestimmt gewesen.

Margaretha führte ein selbstbestimmtes und aktives Leben mit zahlreichen Reisen. Sie war die erste Habsburgerin, die Führerschein und Auto besaß, und gehörte somit zu den ersten österreichischen Frauen, die selbst Auto fuhren. Ihre Leidenschaft galt gefährlichen Straßen und Auto-Rallyes. „Wären Frauen damals zugelassen gewesen, wäre sie auch mitgefahren', schreibt Unterreiner. Sie war auch die erste Habsburgerin, die sich für Ballonfahrten begeisterte und ihren Bruder Joseph mehrfach begleitete.